Wiesbaden/Frankfurt, 24. Februar 2022
Als Leiterin eines Filmfestivals mit Osteuropafokus kommt goEast-Chefin Heleen Gerritsen nicht umhin, sich zur aktuellen Situation an der russisch-ukrainischen Grenze zu äußern:
„Heute Morgen, am 24. Februar, hat Vladimir Putin einen Großangriff auf die Ukraine angeordnet; Städte im gesamten Land sind betroffen. Die Nachrichten machen uns im goEast-Team sprachlos und wütend. Als Festival, das sich nicht nur für die Freiheit der Kunst einsetzt, sondern für Austausch und Dialog steht, zeigt goEast seit seiner Gründung sowohl Filme aus der Ukraine als auch aus Russland. Ich hoffe sehr auf eine Deeskalation und den Rückzug der russischen Truppen. Die Solidarität des gesamten goEast-Teams gilt den Menschen in der Ukraine.“
Im Folgenden nun die Programmpunkte des Festivals.
goEast Hommage an Lana Gogoberidze
Die Lebensgeschichten von Frauen sind ihr Metier. Die 93-jährige Lana Gogoberidze machte in sechs Jahrzehnten 13 Filme und war in der UdSSR eine der wenigen Regisseurinnen, die sich nicht gegen das westliche Etikett des Feminismus wehrten. Lana Gogoberidze, Tochter der Kino-Pionierin Nutsa Gogoberidze und Mutter der Filmschaffenden Salomé Alexi, ist die bedeutendste georgische Filmemacherin und in ihrer Generation eine der wichtigsten Regisseurinnen weltweit. Sie drehte seit den 1960er-Jahren international preisgekrönte Filme wie EINIGE INTERVIEWS ZU PERSÖNLICHEN FRAGEN (Ramdenime interviu pirad sakitkhebze, UdSSR, 1978), DER TAG IST LÄNGER ALS DIE NACHT (Dges game utenebia, UdSSR, 1983) oder DER WALZER AUF DER PETSCHORA (Valsi pechoraze, Georgien, 1992).
Ihr zu Ehren präsentiert goEast in Kooperation mit der Kinothek Asta Nielsen aus Frankfurt und dem Georgian National Film Center die weltweit erste Retrospektive ihres Schaffens. Die vielschichtige, zehn Filme umfassende Werkschau umfasst politische, feministische und durchaus auch autobiografische Filme, in welchen sie unter anderem ihre eigene, vom stalinistischen Terror gezeichnete Familiengeschichte verarbeitet. goEast freut sich darauf, Lana Gogoberidze gemeinsam mit ihrer Tochter Salomé Alexi im April persönlich beim Festival zu begrüßen und in einem Werkstattgespräch mit ihr über ihre Arbeit zu sprechen.
Fokus auf dokumentarische Formen im East-West Talent Lab
Das Nachwuchsprogramm von goEast richtet sich 2022 an Filmschaffende aus Mittel- und Osteuropa sowie aus Deutschland, die ihre aktuellen Dokumentarfilm-Projekte weiterentwickeln und sich untereinander vernetzen wollen. Das East-West Talent Lab, koordiniert von Andrea Wink, unterstützt insgesamt 30 Nachwuchstalente mit einem intensiven Workshopprogramm, Einzelmentorings für 15 Projekte und schließt mit einem öffentlichen Pitch vor einer dreiköpfigen Expert:innenjury ab.
Beim East-West Talent Lab werden mehrere Preise vergeben:
- das mit 3.500 Euro dotierte Renovabis Recherchestipendium für ein Dokumentarfilmprojekt mit Schwerpunkt auf Menschenrechtsthemen;
- den mit 1.500 Euro dotierten Current Time-Preis;
- den Pitch the Doc-Preis, ein Weiterbildungsangebot im Wert von 500 Euro.
Die Festivalleitung freut sich, dass zusätzlich zu Renovabis, die schon seit 2018 die Nachwuchsarbeit von goEast fördern, nun auch die Heinrich-Böll-Stiftung und Current Time TV als neue Förderer gewonnen werden konnten.
Ein Highlight des diesjährigen East-West Talent Lab wird neben den öffentlichen Pitches die Masterclass mit dem polnischen Regisseur Paweł Łoziński (FATHER AND SON, 2013; YOU HAVE NO IDEA HOW MUCH I LOVE YOU, 2016; THE BALCONY MOVIE, 2021) sein, der jungen Filmemacher:innen von seiner Arbeit als Dokumentarfilmregisseur erzählt. Die Masterclass ist auch für das Publikum zugänglich.