25. goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films (23. bis 29. April 2025) goEast 2025: Gewinner:innen beim Festival des mittel- und osteuropäischen Films: Hauptpreis für HOLY ELECTRICITY // Beste Regie für Moonika Siimets für THE BLACK HOLE

Wiesbaden/Frankfurt, 29 April 2025

DIE PREISE

HOLY ELECTRICITY (GEO, NLD 2024), produziert von Tato Kotetishvili und Tekla Machavariani und unter der Regie von Tato Kotetishvili gewinnt die mit 10.000 Euro dotierte Goldene Lilie bei der 25. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films in Wiesbaden.  Die internationale Jury unter dem Vorsitz von Jasmila Žbanić begründete ihre Entscheidung wie folgt: “Wir haben uns für einen Film entschieden, der uns in die Mäander einer Stadt mit elektrischen Charakteren führt, wie in einem Aquarium, in dem der aufmerksame Beobachter Schönheit in jedem Fisch finden kann. Ein Film mit einer Kinematographie, die einzigartige, farbenfrohe Tableaus mit minimalistischem, aber subtilem Schnitt und Humor verbindet. Die Goldene Lilie für den besten Film geht an HOLY ELECTRICITY, produziert von Tato Kotetishvili und Tekla Machavariani und unter der Regie von Tato Kotetishvili.”

Die Preisverleihung in der Caligari FilmBühne bildete den Abschluss einer ereignisreichen und emotionalen Festivalwoche bei goEast im 25. Jubiläumsjahr des Festivals. Es war die letzte Ausgabe unter der Leitung von Heleen Gerritsen, die am 1. Juni 2025 von Rebecca Heiler abgelöst wird. Nach sieben Tagen voller Filmkunst, Workshops, zahlreichen Diskussionen, Vorträgen, Filmgesprächen und Ausstellungen, bei der 83 Filme gezeigt wurden und mehr als 200 Gäste aus der internationalen Filmbranche Wiesbaden besuchten, wurden die Siegerfilme des Wettbewerbs, aus dem East-West Talent Lab und dem RheinMain Kurzfilmwettbewerb gekürt, und Preise im Gesamtwert von 25.000 Euro verliehen.

Die Regisseurin Moonika Siimets gewann mit THE BLACK HOLE (EST 2024) den Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie, der mit 7.500 Euro dotiert ist. Der Genrefilm konfrontiert Außerirdische mit den Bewohner:innen einer estnischen Plattenbausiedlung. „Die Regisseurin, die wir heute Abend auszeichnen, verwandelt mit farbenfroher Kinematographie die Dunkelheit in Komik. In ihren wahren Experimenten erprobt die Regisseurin verschiedene filmische Erzählstränge mit einprägsamen Charakteren und unterstreicht die Verbindung zwischen östlicher Realität und Weltraum. Wir freuen uns, Moonika Siimets für THE BLACK HOLE den Preis für die beste Regie zu verleihen.“, so die Begründung der Jury.

EVERYTHING NEEDS TO LIVE (POL, UKR 2024) unter der Regie von Andrii Lytvynenko und Tetiana Dorodnitsyna wurde mit dem mit 1.000 Euro dotierten goEast Dokumentarfilmpreis für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet. Das Kriegsporträt nimmt den Zuschauer mit in die östliche Ukraine. “Wir möchten den Preis für den besten Dokumentarfilm an einen Film vergeben, der, getragen von einem unglaublichen Charakter, den Mut seiner Autoren und die Vielfalt der Taten der Güte, die in Kriegszeiten entstehen, hervorhebt. Wir freuen uns, das Team von EVERYTHING NEEDS TO LIVE, Tetiana Dorodnitsyna und Andrii Lytvynenko auszuzeichnen.“, so die Begründung der Jury.

Mit einer lobenden Erwähnung wurde THE SONG SUSTXOTIN (UZB 2024) von Khusnora Rozmatova preisgekrönt. Das Drama nimmt den Zuschauer mit nach Usbekistan, wo eine erbarmungslose Dürre herrscht. „Die Jury hat beschlossen, eine lobende Erwähnung an eine neue Stimme aus Zentralasien zu vergeben. In ihrem Film erscheint die Gewalt gegen Frauen als ein schwer zu durchbrechender Kreislauf. Er setzt sich mit tief verwurzelten Traditionen auseinander und zeigt, dass durch Filme gesellschaftliche Veränderungen möglich sind. Wir freuen uns, die Regisseurin von THE SONG SUSTXOTIN, Khusnora Rozmatova, auszuzeichnen.“, begründete die Jury.

3sat Spielfilmredaktion: THE SONG SUSTXOTIN 

Im Rahmen seiner langjährigen Medienpartnerschaft mit goEast wählt 3sat aus dem Wettbewerbsprogramm des Festivals jährlich einen Film aus. Dieser wird im Folgejahr im Umfeld des goEast-Festivals im 3sat-Programm präsentiert.

In diesem Jahr entschied sich das Auswahl-Team von 3sat für den usbekischen Spielfilm THE SONG SUSTXOTIN (UZB 2024) von Khusnora Rozmatova. „In beeindruckenden Bildern erzählt die Regisseurin von einem ehemaligen hohen Beamten, der in der usbekischen Provinz einem alten Freund, einem nun inhaftierten Journalisten, zu Hilfe kommt. Dieser hatte als einziger über den Fall eines missbrauchten Mädchens berichtet, das eine Anzeige bei der Polizei unter dem Druck des einflussreichen Täters zurücknehmen musste. Khusnora Rozmatova schildert die schwierigen Lebensverhältnisse in ihrem von Dürre bedrohten Land, wobei sie sich besonders der gesellschaftlichen Stellung der Frau widmet. In ihrem Verlauf weitet sich die ländliche Geschichte zu einer unbestechlichen Beobachtung von Machtverhältnissen, Korruption und unausweichlichen moralischen Konflikten, die in ihrer Universalität überraschen.“,

Der Film soll zum goEast Festival 2026 bei 3sat seine TV-Premiere feiern. goEast freut sich über die Fortsetzung der Medienpartnerschaft mit 3sat und weiterhin Filmkunst aus Mittel- und Osteuropa ins Fernsehen bringt.

FIPRESCI Preise

Mit dem Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI in der Kategorie Spielfilm zeichnete die FIPRESCI-Jury, deren Mitglieder Hugo Emmerzael, Jenni Zylka und Marko Stojiljković waren, EIGHTY PLUS (SRB, SVN 2024) des Regisseur Želimir Žilnik aus. Die Begründung der Jury lautete: „Inszeniert von einem Meister des dokumentarischen Erzählens, präsentiert dieser Film private und historische Geschichten, Gesellschaftskritik und nur scheinbar widersprüchliche Generationenperspektiven. Er untergräbt unsere Erwartungen an das Altern, entwaffnet uns mit der bewussten Naivität der Laiendarsteller und stellt klar, dass das Leben nicht endet, nur weil man älter ist. Der FIPRESCI-Preis für den besten Spielfilm beim 25. goEast Filmfestival in Wiesbaden geht an EIGHTY PLUS – RESTITUCIJA, ILI, SAN I JAVA STARE GARDE.“, so die Begründung der Jury.

Der Fipresci Dokumentarfilm-Preis des goEast Filmfestivals 2025 geht an A YEAR IN THE LIFE OF A COUNTRY (POL 2024) von Tomasz Wolski. „Demokratie gedeiht nicht von allein. Denn eine gerechte Gesellschaft erfordert Mut, Hingabe, Zivilcourage, Leidensbereitschaft – und Vertrauen in andere Menschen. In überraschenden, raren, kreativ und ausdrucksstark montierten Originalbildern zeigt diese Dokumentation, wie ein Land und seine Bewohner:innen dem Versuch trotzen, von einer Regierung unterdrückt und bestimmt zu werden, die das Kriegsrecht verhängt hat. Sein Kampfruf hallt bis heute nach: Solidarność“, so die Jurybegründung.

Der vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain gestiftete und mit 2.500 Euro dotierte RheinMain Kurzfilmpreis geht an GRANDMAMAUNTSISTERCAT (POL, NLD 2024) von Zuza Banasińska. “Mit einer starken Handschrift, kühnen audiovisuellen Entscheidungen und einer unheimlichen Verwendung von gefundenen Bildern nimmt uns der Film mit auf eine intellektuelle Spritztour. Das viszerale Sounddesign, der virtuose Schnitt und die fesselnde, poetische Erzählung haben uns mitgerissen. Unter Verwendung von wissenschaftlichem, pädagogischem und Propagandamaterial stellt der Film das Archiv und die Machtstrukturen, die es repräsentiert, radikal in Frage. Er bietet eine physische und metaphysische Erfahrung, die mit einer scharfen Kritik einhergeht. GRANDMAMAUNTSISTERCAT verkabelt eine feministische Lebenskette neu. Mit einer solchen filmischen Tour de Force sind wir gespannt auf den nächsten Film der Filmemacherin.”, lautete die Jurybegründung von Antonia Kilian, Behrooz Karamizade und Laliv Melamed.

Eine lobende Erwähnung gewann LUDMILAS APPLE PIE (GEO 2024) der Regisseurin Loukia Hadjiyianni. „Der Film folgt drei Generationen von starken, arbeitenden Frauen und schafft so ein intimes und warmes Porträt einer Großmutter, die ihrer Enkelin eine Lektion fürs Leben erteilt. Wir beobachten gleichzeitig die Großmutter beim Backen eines Kuchens und die Enkelin beim Drehen ihres Films. Als Juroren waren wir beeindruckt von der Aufrichtigkeit, der offenen Form, dem Atem, der in den Film gesteckt wurde, und der reinen, einfachen Poesie des Lebens.“, so die Jury.

East-West Talent Lab Nachwuchspreise

Im East-West Talent Lab, das erneut mit Unterstützung von Renovabis durchgeführt wurde, fand das Project Market Pitch vor einer dreiköpfigen Jury, bestehend aus Rabih El-Khoury, Monika Franczak und Miriam Carbe statt.

Der Pitch the Doc-Award, ein Sachpreis, der aus Beratungsdienstleistungen im Wert von 500 Euro besteht, geht an das Projekt DUST IN THE SHOWCASE von Daniel Pavlić. „Diese Vater-Sohn-Geschichte kehrt die übliche Perspektive um: der Vater hat seine Homosexualität entdeckt, seine Familie auf dem Balkan verlassen und lebt in den Niederlanden.  Jetzt muss der Sohn, der ihn nach drei Jahrzehnten einer sehr belasteten Beziehung aufsucht, lernen, mit diesem Vater zurechtzukommen, den er als alles andere als einen Helden erlebt. Wir haben diesem Projekt den Pitch the Doc-Award verliehen, weil er mit berührendem Material die Geschichte einer ungewöhnlichen Familienzusammenführung erzählt, mit der sich viele Menschen identifizieren können.“, so die Jury.

THE STORY OF THE WILD ROSE von Liis Nimik and Kristen Aigro wird mit dem mit 3.500 Euro dotierten Renovabis Recherchestipendium ausgezeichnet. „So komplex der Zusammenbruch der Sowjetunion war und so schwer, sich als Nation von der Herrschaft der sowjetischen Ideologie zu befreien, so leichtfüßig gelang dies Estland zu Beginn der 90er Jahre. Denn eines der Mittel war eine mexikanische Telenovela, die neue Perspektiven und ein neues Gefühl für individuelle Freiheit vermittelte und damit ein ganzes Land in den Bann schlug. So unerwartet diese kollektive Euphorie war, so originell und unerwartet war für uns als Jury diese Projektidee, die Humor und das sehr ernste Thema der Befreiung von staatlich festgelegten Lebensentwürfen verbindet.“ , so die Jury.

Die Jury vergibt eine lobende Erwähnung an das Filmprojekt DALA von Almira Saifullina. „Die vergessenen Opfer der sowjetischen Arbeitslager in Kasachstan stehen im Zentrum dieses Filmprojekts. In sowohl eindringlichen als auch meditativen Bildern soll davon erzählt werden, wie Angehörige vieler Nationen ihrer Identität beraubt werden und sich die Steppe in eine traumatische Landschaft aus Gewalt und Tod verwandelt. Angesichts des fortgesetzten Angriffskrieges in der Ukraine wollen wir diesem Projekt, das von einem weniger bekannten Aspekt des russischen Imperialismus erzählt, die lobende Erwähnung zuerkennen.“, so die Jury.

Die 25. Jubiläumsausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films fand vom 23. bis 29. April in Wiesbaden statt. Zu den Höhepunkten gehörten neben einem abwechslungsreichen Wettbewerb und intensiven Begegnungen im Kino die Besuche international gefeierter Filmemacher:innen und Vertreter:innen von Filminstitutionen. Das Symposium, das unter dem Titel „Omas, Babas, Babushkas – Gender und Altern im europäischen Kino“ lief, erfreute sich einer sehr regen Teilnahme und ausverkauften Kinos. Mit dem Rahmenprogramm Cinema Archipelago, betrat das Festival, gefördert vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain, zum vierten Mal einen außerfilmischen Boden und ermöglichte Diskussionsrunden.

 

Alle Preisträger:innen noch einmal im Überblick:

  1. Goldene Lilie für den Besten Film

HOLY ELECTRICITY / TSMINDA ELEKTROENERGIA (GEO, NLD 2024), Regie/Produktion: Tato Kotetishvili und Tekla Machavariani

  1. Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie

THE BLACK HOLE / MUST AUK (EST 2024), Regie: Moonika Siimets

3.goEast Dokumentarfilmpreis

EVERYTHING NEEDS TO LIVE / WZSYSTKO MA ŹYĆ (POL, UKR 2024) Regie: Andrii Lytvynenko und Tetiana Dorodnitsyna

  1. Lobende Erwähnung der internationalen Jury

THE SONG SUSTXOTIN / SUSTXOTIN (UZB 2024), Regie: Khusnora Rozmatova

  1. 3sat-Ankauf

THE SONG SUSTXOTIN / SUSTXOTIN (UZB 2024), Regie: Khusnora Rozmatova

  1. Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI (Spielfilm)

EIGHTY PLUS / RESTITUCIJA, ILI, SAN I JAVA STARE GARDE (SRB, SVN 2025), Regie: Želimir Žilnik

  1. Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI (Dokumentarfilm)

A YEAR IN THE LIFE OF A COUNTRY / ROK Z ŻYCIA KRAJU (POL 2024), Regie: Tomasz Wolski

  1. RheinMain Kurzfilmpreis

GRANDMAMAUNTSISTERCAT (POL, NLD 2024), Regie: Zuza Banasińska

  1. Lobende Erwähnung RheinMain Kurzfilmpreis

LUDMILA’S APPLE PIE (GEO 2024), Regie: Loukia Hadjiyianni

  1. Pitch the Doc-Award

DUST IN THE SHOWCASE (CRO), Regie: Daniel Pavlić

  1. Renovabis-Recherchestipendium

THE STORY OF THE WILD ROSE (EST, SWE), Regie: Kristen Aigro und Liis Nimik)

  1. Lobende Erwähnung East-West Talent Lab

DALA (KAZ), Regie: Almira Saifullina