Das Sichtbarmachen und Verstärken von neuen, bisher marginalisierten filmischen Sprachen und Stimmen aus Mittel- und Osteuropa und dem postsowjetischen Raum jenseits von dominanten Mainstreamnarrativen gehört seit dem Entstehungsjahr von goEast 2001 zu seinen Hauptaufgaben. In dieser Hinsicht ist der diesjährige Fokus auf das (post-)sowjetische Kino durch die ‚dekoloniale Linse’ kein gänzliches Novum. goEast nimmt die historische Zäsur, die Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine darstellt, zum Anlass verschiedene Aspekte des Kolonialen und Dekolonialem im (post-) sowjetischen Film und seinen Strukturen zu erkunden.

Es wird diskutiert, so gezielt wie exemplarisch, über das ukrainische Kino der Vergangenheit und Zukunft; die Spuren des Imperialen im ‚nicht-russischen Russland‘, in Sakha oder im Nordkaukasus (wo das ‚Kino der Regionen‘ die Widersprüche zwischen Widerstandspotenzial und Vereinnahmung durch die Soft Diplomacy-Strategien Moskaus aufzeigt), das filmische und filmkulturelle Erbe der UdSSR – von Kyjiw und Riga bis nach Jerewan und  zurück bis Wiesbaden – sowie die Debatte über den Umgang mit Kanon und Klassikern; die Frage, wer die Rechte und Kopien von sowjetischen Filmen nichtrussischer Produktion besitzt; belarussische Filmkultur, Film- und Menschenrechtsaktivismus im postsowjetischen Zentralasien; das dokumentarische Kino als Ort der Reflexion dessen, was sowjetisch und postsowjetisch bedeutet hat und heute bedeuten kann.

Mit Blick auf das vielschichtige Thema will goEast anstelle von Einzelbeiträgen einiger weniger Expert:innen den Schwerpunkt diesmal auf Diskussionsformate legen, welche die Teilnahme vieler Sprecher:innen und eine offene Auseinandersetzung mit sehr disparaten Themen sowie den essenziellen Fragen ermöglichen.

 

An 3,5 Tagen erkundet goEast mit Filmwissenschaftler:innen und Filmschaffenden aus dem postsowjetischen Raum diverse Aspekte der Dekolonialisierung in Vorträgen, Panels und einem begleitenden Filmprogramm. Fachbesucher:innen sind bei den Veranstaltungen im Museum Wiesbaden und den Screenings im Murnau-Filmtheater herzlich willkommen.

Im Herbst 2023 wird zudem eine begleitende, spezielle Sonderausgabe des Apparatus-Journals erscheinen. Die Vorträge und Panels werden aufgezeichnet und ab dem 2. Mai 2023 von unserem Partner Klassiki online verfügbar gemacht.

Kuratiert von Barbara Wurm und Heleen Gerritsen

FREITAG, 28.04.

PANELS

10:00 – 11:30 1 - [decolonize] (Post-)Soviet cinema through a “decolonial lens” – theoretical framework and personal introspection Intro: Heleen Gerritsen and Barbara

Wurm. Keynote: Nancy Condee (USA)

11:30 – 13:00 2 - [reassessments] Re-assessing the Soviet legacy: canon, censorship, heritage and the archive(s). Panelists: Dita Rietuma (Latvia), Melikset Karapetyan (Armenia), Ivan Kozlenko (Ukraine)

14:00 – 15:00 3 - [Belarus] Belarus – from the rise and fall of ‘Listapad’ to the establishment of the Independent Belarusian Film Academy. Panelists: Igor Soukmanov & Aliaksey Paluyan,  Andrey Kutsila (Belarus)

 

SAMSTAG, 29.04.

PANELS

10:00 – 11:30 4 - [Ukraine] Ukrainian film industry – the past, the present and an uncertain future.  Panelists: Daria Badior, Ivan Kozlenko, Valentyn Vasyanovych, Yuliia Kovalenko (Ukraine)

11:30 – 12:30 5 - [non-fiction] Modalities of the real: the transformation years and non-fiction cinema. Video talks with: Serhiy Bukovsky (Ukraine), Yuri Khashchevatsky (Belarus), Zhanna Maksymenko-Dovhych (Ukraine), Dāvis Sīmanis (Latvia), Presenters: Oksana Sarkisova (Budapest/Vienna) and Barbara Wurm

13:00 – 14:30 6 - [Central Asia] Post-, neo-, and de-colonial Central Asia: human rights activism and collective filmmaking. Panelists: Aïda Adilbek (Kazakhstan), Michael Borodin (Uzbekistan), Gulzat Egemberdieva (Kyrgystan), Anisa Sabiri (Tajikistan)

SONNTAG, 30.04.

PANELS UND DISKUSSIONEN

10:00 – 11:00 7 - [war] Old and new wars – (post)soviet (anti)imperialism.

Panelists: Giedrius Tamoševičius (Lithuania), Nana Janelidze (Georgia)

11:30 – 13.00 8 - [soft power] De/colonization. The myth of „russian culture“ Panelists: Vladlena Sandu (Russia), Julia Shaginurova (Germany/Uzbekistan)

13.00 – 13.30 9 - [perspectives] Emancipatory and trans-national perspectives. Closing panel